SO VERBESSERST DU DEINE LAUFPERFORMANCE

18. Januar 2021

„Je höher desto besser“ oder „Hauptsache du fühlst dich wohl“ – die Meinungen zur optimalen Schrittfrequenz beim Laufen gehen oft auseinander. Darüber dass die Schrittfrequenz die Laufperformance beeinflusst, sind sich aber alle einig.

In diesem Artikel erfährst du wieso das so ist und wie du die Anzahl deiner Schritte pro Minute effektiv und sicher anpassen kannst, um deine Lauftechnik zu verbessern.

WAS IST DIE OPTIMALE SCHRITTFREQUENZ BEIM LAUFEN?
Jack Daniels – der Elite-Coach, nicht der andere – stellte fest, dass Läufer*innen bei den Olympischen Spielen eine Schrittfrequenz von über 180 Schritten pro Minute hatten. Seither wurde eine hohe Anzahl an Schritten pro Minute immer mit einer guten Laufperformance in Verbindung gebracht: „Je öfter deine Füße den Boden berühren, desto schneller wirst du laufen.“

Wahrscheinlich hast du sogar schon von der magischen 180 als der Zahl gehört, die man anpeilen sollte. Wäre es nicht toll, wenn wir unseren persönlichen Rekord brechen könnten, indem wir einfach nur unsere Schrittfrequenz auf 180 Schritte pro Minute erhöhen? So einfach ist es leider nicht, denn Daniels Beobachtungen wurden in dem Fall aus dem Zusammenhang gerissen. Schauen wir uns die Beziehung zwischen der Schrittfrequenz und der Laufperformance einmal genauer an.

Vermeide diese häufigen Fehler:

  1. Schrittfrequenz nicht beachten
    Die meisten Läufer*innen wählen von Natur aus eine Schrittfrequenz, die niedriger als die optimale Schrittfrequenz ist. Niedrigere Frequenzen bedeuten längere Schritte. Längere Schritte bedeuten einen höheren Druck und eine größere Erschütterung beim Auftreten, was wiederum zu einem erhöhten Verletzungsrisiko führt.[1] [2] Bei richtiger Anpassung und Umsetzung kann jedoch eine Erhöhung der Schrittfrequenz beim Laufen sowohl die Leistung verbessern als auch den Heilungsprozess bei Sportverletzungen ankurbeln und/oder helfen, diese im besten Fall vermeiden.
  2. Schrittfrequenz zu schnell erhöhen
    Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich dein Körper an eine neue Schrittfrequenz gewöhnt hat. Obwohl die meisten von uns von einer höheren Frequenz profitieren würden, ist es wahrscheinlich, dass das Anpeilen einer Schrittfrequenz, die nicht deinem Trainingsniveau oder deiner Anatomie entspricht, dein Verletzungsrisiko erhöht und zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Lauftechnik und -performance führt.

FAKTOREN, DIE DEINE SCHRITTFREQUENZ BEEINFLUSSEN
Die Schrittfrequenz wird durch eine Reihe von Faktoren wie Höhe und Beinlänge bestimmt. Das macht natürlich Sinn – größere Läufer*innen machen längere Schritte und haben daher eine niedrigere Anzahl an Schritten. Diese Info hilft uns allerdings nicht viel, denn wir können unsere Beinlänge und Größe nicht ändern.

Auch der Trainingsverlauf, akute Müdigkeit und sogar der Muskelfasertyp wurden als Faktoren aufgezeigt, die die Schrittfrequenz beim Laufen beeinflussen. Es gibt einige Belege dafür, dass schnell kontrahierende Muskelfasern bei einer höheren Anzahl an Schritten optimal funktionieren, obwohl unklar ist, wie sich dies auf die Laufleistung auswirkt.

Es gibt jedoch einen entscheidenden und eigentlich offensichtlichen Faktor, der bis vor kurzem noch nicht die Aufmerksamkeit erhalten hat, die er verdient. Es geht dabei nicht um Ernährung, Fitness oder Motivation.

Sondern um dein Lauftempo – die Geschwindigkeit hat einen großen Einfluss auf die Schrittfrequenz.

Eine kürzlich im Journal of Applied Physiology veröffentlichte Studie zeigte genau dies. Die Forscherinnen haben die Schrittfrequenz von 25 Elite-Ultramarathon-Athletinnen während eines 100-km-Laufs gemessen. Wie erwartet befinden sich die Athlet*innen in einem Bereich um durchschnittlich 182 Schritte pro Minute, was wiederum die Behauptung stützt, dass 180 die optimale Schrittfrequenz ist.

Die gleiche Studie zeigte jedoch auch eine große Abweichung bei den individuellen Schrittfrequenzen: von nur 155 bis zu unglaublichen 203 Schritten pro Minute! Darüber hinaus stand die Schrittzahl pro Minute in keinem Zusammenhang mit der Ermüdung, dem Gewicht, dem Geschlecht, dem Alter oder dem Trainingsverlauf der Athletinnen. Abgesehen von der Größe – über die wir keine Kontrolle haben – war der einzige Faktor, der mit der Schrittfrequenz zusammenhing, die Laufgeschwindigkeit. Wenn die Läuferinnen schneller liefen, nahm die Frequenz zu. Wurden sie langsamer, nahm die Schrittfrequenz ab.[8] Mit anderen Worten: Läufer*innen sind nicht schnell, weil sie 180 Schritte pro Minute machen. Sie machen 180 Schritte pro Minute, weil sie schnell laufen.

Der springende Punkt ist, dass man nicht eine magische Schrittzahl pro Minute auswählen und blindlings darauf zulaufen kann. Deine Schrittfrequenz hängt von deiner Anatomie und deinem Lauftempo ab – egal ob du einen Halbmarathon oder eine halbe Stunde läufst.

Beim folgenden Beispiel wurde die Schrittfrequenz von Eliteathletinnen, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten laufen, verglichen: Bei einem Tempo von 5:20 pro Meile (3:20 pro km) machten die Läuferinnen etwa 175 Schritte pro Minute. Bei einem Tempo von 3:50 pro Meile (2:23 pro km) stieg dieser Wert auf über 200 Schritte pro Minute.[9] Den Untersuchungen zufolge macht eine Läuferin bei jeder Geschwindigkeitssteigerung von 1 Meter pro Sekunde 6 zusätzliche Schritte pro Minute.

Wenn du schon einmal versucht hast, in diesem Tempo zu laufen, weißt du, wie schnell das ist. Und höchstwahrscheinlich lag die Anzahl deiner Schritte pro Minute irgendwo um die 180. Kurz gesagt: Das Tempo bestimmt die Schrittfrequenz, nicht umgekehrt.

Wie messe ich meine Schrittfrequenz?

Lowtech: Zähl 30 Sekunden lang deine Schritte und multipliziere sie mal 4.

Pro: für einmal gut genug, einfache Technik
Kontra: lenkt dich vom Laufen ab, nicht sehr genau

Hightech: Es gibt eine Reihe an Foot Pods und Smartwatches mit integrierten Schrittzählern. Die adidas Running App zeigt dir ebenfalls deine Schrittfrequenz an (nur für iOS).

Pro: genaue und kontinuierliche Messung bei jedem Lauf
Kontra: kostspielig

SCHRITTFREQUENZ ERHÖHEN MIT DIESEN 4 TIPPS
Das Erzwingen einer hohen Schrittfrequenz beim Laufen ist eine eher fragwürdige Strategie zur Leistungssteigerung; und wie wir gesehen haben, wird die Frequenz weitgehend davon bestimmt, wie schnell wir laufen. Da wir aber von Natur aus mit einer eher niedrigeren Anzahl von Schritten pro Minute laufen als bei der optimalen Frequenz, zahlt es sich durchaus aus, die Schrittfrequenz zu erhöhen und die Lauftechnik anzupassen.

So kannst du deine Schrittfrequenz sicher und effektiv erhöhen:

  1. EIGENE SCHRITTFREQUENZ KENNEN //
    Protokollier die Anzahl deiner Schritte pro Minute für jede Geschwindigkeit, mit der du läufst. Denk daran, dass du bei Rennen wahrscheinlich schneller als gewöhnlich und mit einer höheren Schrittfrequenz laufen wirst. Mit der Zeit wirst du lernen, wie sich deine Schrittfrequenz je nach Lauftempo ändert.
  2. FITNESS IM FOKUS //
    Die Frequenz wird von der Geschwindigkeit bestimmt. Verbessert sich deine Fitness, wird sich auch deine Pace und deine Schrittfrequenz erhöhen. Schaffst du es, in ungefähr 3 Minuten einen Kilometer zu laufen, wirst du ziemlich sicher über 170 Schritte pro Minuten machen.
  3. KLEINE VERÄNDERUNGEN //
    Stufenweise Anpassungen von etwa 5 Schritten pro Minute geben deinem Körper Zeit, sich daran zu gewöhnen, ohne Verletzungen zu verursachen oder die Leistung zu beeinträchtigen. Stell dir vor, du versuchst mit deiner schwächeren Hand zeichnen zu lernen – so etwas braucht einfach Zeit! Das Ziel ist es, deine Schrittfrequenz für ein bestimmtes Tempo zu erhöhen, nicht bei jedem Lauf 180 Schritte pro Minute zu schaffen.
  4. HERZFREQUENZ MESSEN //
    Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass die Herzfrequenz zur Ermittlung der optimalen Schrittfrequenz verwendet werden kann. [10] Zeichne deine Herzfrequenz bei gemäßigtem Tempo und verschiedenen Schrittraten zwischen 150 und 200 auf. Welche Schrittfrequenz die niedrigste Herzfrequenz ergibt, ist die effizienteste! Gib deiner Herzfrequenz ein paar Minuten Zeit, um sich bei jeder neuen Schrittfrequenz zu stabilisieren.

FAZIT
Die Schrittfrequenz beim Laufen ist nicht etwas, das man für sofortige Ergebnisse manipulieren kann. Aber wenn sich deine Fitness verbessert und dein Lauftempo zunimmt, solltest du einen natürlichen Anstieg der Schrittfrequenz feststellen.

Da die meisten Läufer*innen unabhängig von ihrem Leistungsniveau eine Anzahl an Schritten pro Minute wählen, die niedriger als die optimale Schrittfrequenz ist, ist eine Erhöhung dieser für jedes beliebige Tempo eine gute Idee. Versuch nach und nach deine Schrittfrequenz anzupassen und nutz die Vorteile von Smartwatches und Foot Pods für eine genaue Analyse.

Mit der Zeit wirst du die optimale Schrittfrequenz beim Laufen finden und von den Vorteilen einer verbesserten Lauftechnik und einer geringeren Stoßkraft profitieren. Worauf wartest du also noch? Leg gleich los!

Artikel von Abe Ankers (ADIDAS)